Wie alles im Leben ist auch dieses Thema Ansichtssache
Als ich im Herbst vergangenen Jahres an einer U-Bahn-Station in Wien auf die U-Bahn gewartet habe, sprang mir unweigerlich eine Werbeanzeige ins Auge: „Kaiserschnitt – der sanfte Weg der Geburt!“ Dies war eine Werbeanzeige einer Wiener Privatklinik, welche „pro Kaiserschnitt“ eingestellt ist.
Spannend – denn ich halte solche Werbeanzeigen aus den verschiedensten Gründen für grundsätzlich verboten – aber nun ja.
Die meisten Frauen, welche nach einem Kaiserschnitt in meine Praxis kommen, entscheiden sich meist nicht freiwillig für diesen, oftmals ist die Geburt ohne diesen fortschrittlichen Eingriff nicht möglich. Wenn eine Frau sich für einen Wunschkaiserschnitt entscheidet, hat sie ihre Gründe, diese möchte ich niemandem absprechen.
Dennoch finde ich solche Werbeanzeigen persönlich sehr weit gegriffen und unmoralisch – wir sprechen dabei von einer großen Bauchoperation, welche auch Folgen mit sich bringt. Meinem Gefühl nach werden die Risiken momentan auch bewusst „heruntergespielt“.
Konsequenzen für die Frau
In erster Linie klagen Frauen, die ihr Kind auf diesen Weg auf die Welt gebracht haben, häufig über Schmerzen im Narben- oder Rückenbereich und klagen über Wetterfühligkeit oder ein „taubes Gefühl“ rund um die Narbe.
Weitergehende Folgen sind Verdauungsbeschwerden, eine mögliche Verklebung der Eileiter (was auch zu einer Eileiterschwangerschaft führen kann) und über die Jahre betrachtet auch klassisch orthopädische Beschwerdebilder wie Kopfschmerz/Migräne bzw. auch Knieschmerzen sowie Beschwerden mit dem Kreuz-Darmbeingelenk.
Was hat der Unterbauch mit der Halswirbelsäule oder geschwollenen Knöcheln zu tun? Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass der fasziale Zug des menschlichen Gewebes im Körperinneren so stark ist, dass er sich auf jegliche Körperregion (und jedes System) auswirken kann. Beschwerden treten daher (vor allem langfristig betrachtet) häufig an anderen Stellen und abseits der eigentlichen Narbe auf.
Jede Narbe ist ein Störfeld im Körper und sollte daher behandelt werden. Osteopathie ist hier eine kostengünstige, schonende und effektive Methode, um die Auswirkungen auf den gesamten Körper beheben zu können.
Was ist das Optimale und oftmals das „Bessere“?
Selbstverständlich hinterlässt auch eine natürliche Geburt ihre Spuren im und am Körper einer Frau. Kürzlich war ich selbst bei einer gynäkologischen Untersuchung und habe mit meiner Ärztin darüber gesprochen, dass es auch für die ÄrztInnen oft schwer zu entscheiden ist, was denn nun in der Situation besser für die Frau sei – ein Kaiserschnitt, oder – wie es leider auch häufig vorkommt – eine schwere Geburt mit Saugglocke, Dammschnitt, Kristeller-Methode oder ähnlichen Verfahren, welche immer wieder zum Einsatz kommen müssen, um das Überleben des Kindes zu sichern.
Sicher ist, dass eine Geburt (Kaiserschnitt oder natürlich) immer ein Grenzerlebnis ist, mit allen – manchmal auch negativen – Folgen.
Ich persönlich meine, dass man gewisse Dinge im Leben leider nicht in der Hand hat, aber man kann heutzutage viele Spätfolgen ausgleichen. Solche Möglichkeiten sind heute eine große Errungenschaft, auch wenn es nach wie vor viel an Eigenverantwortung bedarf, sich um die Nachsorge zu kümmern. Bei Unsicherheiten sollte jede Frau immer den zuständigen Arzt/die Ärztin oder Hebamme von sich aus aktiv ansprechen, denn oft gehen solche Dinge im Klinikalltag und Stress unter.
Konsequenzen fürs Kind
Die Auswirkungen auf das Kind sind nach einem Kaiserschnitt sehr unterschiedlich, wie ich aus meinem Praxisalltag ehrlich berichten kann. Je nachdem aus welchem Anlass ein Kaiserschnitt gemacht wurde, gibt es unterschiedliche kindliche Reaktionen darauf.
Dies ist aber auch völlig logisch nachvollziehbar. Der Vorteil bei geplanten Kaiserschnitten ist, dass ein OP reserviert ist, das Personal bereit steht und auch genügend Zeit ist, um die Operation in Ruhe durchzuführen.
Besteht beispielsweise eine Beckenendlage und wird deshalb ein Kaiserschnitt durchgeführt, muss man als Osteopathin speziell die frühkindlichen Reflexe und auch den Gleichgewichtssinn beim Säugling austesten. Was ist, bzw. war der Grund, warum sich das Kind nicht gedreht hat? Die Ursachen hierfür sind wie immer vielfältig – von Platzmangel über eine zu kurze Nabelschnur bis hin zu einem Infekt der Mutter oder viel Stress in der Schwangerschaft. Leider gibt es häufig sehr viele Faktoren, welche sich auf die Geburtslage auswirken.
Erfahrungsgemäß kann ich sagen, dass Kinder nach einem geplanten Kaiserschnitt meist weniger irritiert sind, als Kinder nach einem Notkaiserschnitt. Hier merkt man als Therapeutin oftmals die zuvor eingesetzten Medikamente bzw. das stundenlange Aufprallen des Kindes im knöchernen Becken der Frau, was große Stressfaktoren für das Baby sind.
Natürlich ist auch entscheidend, wie „sanft“ das Kind aus dem Bauch der Mutter geholt wird. Wird ein Kind aufgrund von Zeitknappheit nahezu „herausgerissen“, ist oftmals der Moro-Reflex sehr dominant und die Kinder sind sehr unruhig und gereizt, weil das Nervensystem des Kindes stark belastet ist. Hier können die Eltern durch gezieltes Handling und richtige Lagerung ihrem Baby gut weiterhelfen, sodass sich der Reflex in der angestrebten Zeit zurückbildet.
Jedem Kaiserschnittbaby fehlt aus osteopathischer Sichtweise der Weg durch den natürlichen Geburtskanal. Diesen kann man durch gezielte Therapiemaßnahmen aber imitieren und etwas nachholen. Auch der natürliche Craniosacrale Rhythmus sollte gut in Gang gebracht werden und mögliche Blockaden behoben werden.
Auffallend häufig sind Trink-, Saug,- und Schluckbeschwerden nach durchgeführten Kaiserschnitten. Eine mögliche Erklärung ist für mich eine um den Hals gewickelte Nabelschnur, welche Stress auf die obere Halswirbelsäule und den Schluckapparat ausübt bzw. auch oft das schnelle Herausnehmen des Kindes aus dem Bauch der Mutter. Diesem Problem liegen oft auch eine Anpassungsstörung und großer Stress des Kindes zugrunde.
Gerade Schluckprobleme wirken sich auch später auf das Essverhalten des Kindes aus, viele Eltern kämpfen auch mit dem Beikost-Thema, da der Würgereflex bei betroffenen Babys oft sehr ausgeprägt ist. Die unterschiedliche Konsistenz der Nahrung kann demnach vom fazioralen Trakt schwer verarbeitet werden.
Es ist ein enormer Gewinn an Lebensqualität für die gesamte Familie bei solchen Problemen Hilfe zu bekommen, gerade wenn das Stillen nicht funktioniert, ist das für viele Mütter sehr belastend.
Resümee
Das Thema Kaiserschnitt ist an sich so umfangreich, dass man es keinesfalls in einem Blogbeitrag zusammenfassen kann. Ich habe hier versucht einige mögliche Folgeprobleme aufzuzeigen, um darstellen zu können, wie osteopathische bzw. physiotherapeutische Arbeit hier für Mutter und Kind eingesetzt wird.
Ein guter Tipp ist stets selbst aktiv zu werden und sich Hilfe zu holen, Eigenverantwortung ist hier das große Stichwort.